GERRON



Foto: Ilja Mess, Theater Konstanz

Daniele Muscionico, NZZ, 18.2.19

Im Theater Konstanz führt ihn ein Puppenspieler, und das Bild ist sprechend: Kurt Gerron ist am Ende seines Lebens das Werkzeug der Nazi-Verbrecher.
… Auf der Bühne nämlich findet die Titelfigur ihre ideale Form: Annette Gleichmann, die ehemalige Direktorin Puppentheater am Theater Plauen-Zwickau, hat eine Fassung aus Figurentheater und Schauspiel geschrieben und inszeniert - das Ergebnis ist schlechterdings überwältigend. Der Darsteller als Puppe, die Puppe als Darsteller, Gerron ist in Konstanz das Mischwesen, das der gebrochenen Natur von Wahrheit entspricht: Die Kunst- und Künstlerfigur wird zum personifizierten moralischen Dilemma als Puppe und Schauspieler in einem.
… André Rohde leiht Gerron seinen Körper, die Puppenspieler Magdalene Schaefer und Sebastian Fortak führen das Kind und den Erwachsenen, so glückt eine Lesart, die Wahrheit verhandelt aber nie behauptet. Wer Identität derart zergliedert wie Annettte Gleichmann, und wer das Grauen so erzählt, erzählt auch, dass beides im Grund nicht erzählbar sei.


Bettina Schulte, Badische Zeitung, 7.2.19

Dass die Hauptfigur – und nur sie – in doppelter Gestalt: als Puppe und als Mensch auftritt, schafft eine Distanz, die die Inszenierung vor Pseudorealismus und jedem Hineintappen in die Betroffenheitsfalle bewahrt. Kurt Gerron, bis zur Verausgabung verkörpert von André Rohde, bleibt ein vielschichtiger, ambivalenter Charakter.
… Die beiden Schau- und Puppenspieler Magdalena Schaefer und Sebastian Fortak stellen in der knapp zweistündigen Produktion eine erstaunliche Verwandlungskunst unter Beweis: Fortak agiert ebenso überzeugend als Lagerkommandant Karl Rahm wie als Führer der Puppe von Kurt Gerrons lebensklugem Großvater, Schaefer wechselt spielend von der Rolle als Gerrons Ehefrau Olga Gerson zu dem naturgemäß von einer Puppe dargestellten Kind Kurt, das dem Opa Löcher in den Bauch fragt. So switcht dieses intime Kammerspiel mit seinen drei Darstellern auf Ira Hausmanns und Janna Skroblins – sie sind hauptsächlich für den Puppenbau verantwortlich – provisorisch anmutender Bühne ständig zwischen Schau- und Puppenspiel hin und her.
… Und fast behält man die Gerron-Puppe mit ihren tiefliegenden dunklen Augen, den abstehenden Ohren und den buschigen Augenbrauen stärker im Gedächtnis als den Gerron-Darsteller. Wie sie in einer Szene auf der Kante eines sich immerzu drehenden Koffers entlang balanciert, vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend: Das prägt sich ein als ein starkes Bild für Kurt Gerrons tragische Reise ins Nirgendwo. In diesen Augenblicken wartet André Rohde mit dunkel brennendem Blick im Dunkel am Szenenrand. Auf ihm lastet spür- und sichtbar das Geschick seiner Figur. Am Ende deliriert Rohdes Kurt Gerron im Fieberwahn: Und über seinen zuckenden, sich in der ganzen Existenzqual aufbäumenden Körper kriecht buchstäblich seine Kindheit. In diesem finalen Höhepunkt der Inszenierung, in der simultanen Materialisierung zweier Bewusstseinszustände und zweier Zeitebenen zeigt sich, was Figurentheater leisten kann. Das Theater Konstanz hat jetzt mit dieser kleinen, aber umso bemerkenswerteren Produktion einen ungewöhnlichen Weg beschritten, um Kurt Gerron auf der Bühne auferstehen zu lassen. Chapeau.

Manfred Jahnke, fidena, 19.2.19 

Diese Diskrepanz zwischen Wirklichkeit und Selbstbildwahn wird von Rohde in ihrer ganzen tragischen Dimension ausgespielt, mit Magdalene Schaefer als Olga, die eher zur Stichwortgeberin wird. Der Gefahr, bloßes Betroffenheitstheater zu provozieren, entgeht Gleichmann geschickt, indem sie der „aktuellen“ Theresienstadtebene, die im Spiel der Darsteller*innen entsteht, eine zweite gegenüberstellt: In Rückblenden werden Szenen aus der Vergangenheit erzählt, die mit Puppen verkörpert werden. Das sind Szenen aus der Kindheit mit dem Großvater, im Schützengraben des 1. Weltkrieges, wo Gerron schwer verletzt wird oder das Kennenlernen von Olga. Diese Szenen schaffen zum fast unerträglichen moralischen Konflikt eine Distanz nicht nur durch den Humor, der den Texten eingeschrieben ist, sondern auch durch die Brüche, die Magdalene Schäfer und Sebastian Fortak im ständigen Switchen zwischen Schau- und Figurenspiel zu bewältigen haben.


Christel Voith, Schwäbische Zeitung, 11.2.19

Vorzüglich ist die schauspielerische Leistung: André Rohde als zerquälter Gerron, immer wieder aufgerichtet durch seine Frau Olga, der Magdalene Schaefer ebenso berührende Züge verleiht wie der verhuschten Sekretärin, die man Gerron zur Seite stellt. Ebenso wandlungsfähig ist Sebastian Fortak, ob als eiskalter SS-Mann Rahm oder als früherer Psychologieprofessor, der noch als Kloputzer Philosoph bleibt. Ebenso berührend führen die drei die wechselnden Puppenfiguren, die das Spiel erweitern. Eine eindreiviertelstündige Aufführung, die nachhallt.


Brigitte Elsner-Heller, St.Galler Tagblatt Online, 3.2.19

Als dichtes Kammerspiel über den Holocaust kam am Theater Konstanz «Gerron» zur Uraufführung. Annette Gleichmanns Bühnenfassung von Charles Lewinskys Roman beeindruckt auch durch hohe Puppenspielkunst.
… der Abend wird auch zu einem Lehrstück darüber, was Puppentheater auf hohem Niveau zu leisten vermag.
…Vielschichtig und beeindruckend wird in Konstanz die Beschäftigung mit dem Grauen im Lager ausgestaltet. 
…André Rohdes Schauspiel ist eng verflochten mit dem Spiel der Puppen, mit dem, was Magdalene Schaefer und Sebastian Fortak ins Leben rufen. Zart und manchmal verspielt zeigt er Gerron in manchen Momenten mit seiner ebenfalls geschundenen Frau, um dann wieder von den Dämonen der Erinnerung verfolgt zu werden…
… Zu alldem kommen Filmsequenzen und die wunderbare Musik, die Andreas Kohl aus der Musikgeschichte geschürft hat. Das hallt nach.

Maria Schorpp, Südkurier, 5.2.2019

Wenn Schauspieler auf der Bühne eine Puppe führen, passiert im positiven Fall etwas Erstaunliches. Es entsteht ein Kraftfeld zwischen Mensch und Figur.
Dieses kleine Wunder passiert gerade in der Werkstatt des Konstanzer Stadttheaters in „Gerron“, der ersten Theateradaption des Romans von Charles Lewinsky.
Da werden nicht Puppen zum Leben erweckt – das Erweckungserlebnis ist gegenseitig.
…Die Vervielfältigung der Figur ist auch deshalb eine gelungene Sache, da so das Innenleben des Kurt Gerron nach außen treten kann, zumal es genau das ist, was den fiktionalen Anteil
des Romans ausmacht.

Helmut Voith, Vorarlberger Nachrichten, 8.2.19

Ein drehbarer offener Holzverschlag markiert den Wohnraum von Kurt Gerron und seiner Frau Olga, wenige Requisiten werden zur Bühne für die drei Schau- und Puppenspieler. Durch die Verzahnung beider Elemente wird eine Brechung erreicht, die in der Tradition bester Brecht´scher Verfremdung steht, den Zuschauer hineinzieht und gleichzeitig Zuschauer sein lässt.
…Großartig sind die Leistungen der Spieler: Magdalene Schaefer, die abwechselnd Gerrons liebende Frau Olga, aber auch seine verhuschte Sekretärin spielt. Die Rollenwechsel gelingen überzeugend in schnellen Schnitten. Ebenbürtig
Sebastian Fortak als SSler Rahm und in anderen Rollen, im Mittelpunkt ein eindringlicher André Rohde als erniedrigter, um seine Identität kämpfender Gerron. Ein Stück zum Atemanhalten und Reflektieren: Brecht´sche Verfremdung par excellence.

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RATHAUS -GANS HELENE: NACHRICHTEN FÜR KINDER



Aus dem Amtsblatt aus Konstanz vom 27.Mai 2020:

Rathaus-Gans Helene: Das Konstanzer Kinder TV sendet neuerdings Nachrichten aus dem Rathaus, speziell für Kinder. Wer fragen an Moderatorin Helene hat, erreicht sie unter frag-helene@konstanz.de.

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KAPELLE FÜR KIDS:
OSTERFESTSPIELE / KAPELLE FÜR KIDS mit

Csárdás und Polka



Drehpunktkultur. At  von Reinhard Kriechbaum
20/03/18 Keine Kultureinrichtung kann heutzutage auf pädagogische Angebote für Kinder verzichten. Bei der Staatskapelle Dresden ist die Puppe Alma mit ihrer Spielerin Magdalene Schaefer jene Vermittlerin, die Kinder anspricht und jene Fragen stellt, die Musiker sich von den Kindern wünschten.
Wünschten, als Konjunktiv? Die größere Zahl der Kinder, die bei solchen Anlässen mit eifrigen Erwachsenen da sitzen, sind ja zu jung, um überhaupt Fragen zu haben. Das war am Samstag 17.3.2018am Nachmittag nicht anders, als man zum sechsten Mal in Salzburg, zum ersten Mal im republic zur „Kapelle für Kids“ lud.
Ein herrlicher Genuss!

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RUDI RAKETE



aus der Kreuzlinger Zeitung von Franziska Spanner
vom 20.12.2019

Über die Einsamkeit und die Kunst ihr zu entfliehen

“Rudi Rakete ist ganz ohne Zweifel das beste Kind der Welt” Prinzessin Ma eröffnet mit dieser liebevollen Ansage die Aufführung von Rudi Rakete in der inszenierung von Magdalene Schaefer die derzeit am Theater Konstanz zu bestaunen ist.


Südkurier von Brigitte Elser- Heller
am 2.12.2019

Der Schatz des Gefühls

Mir Rudi Rakete von Veronika Fischer in der Regeie von Magdalene Schaefer geht es in der Werkstatt des Theaters Konstanz für die ganz Kleinen um die Kraft der Phantasie.

Der Sternenhimmel funkelt, der Mond ist eine schmale Sichel, die sich klar abzeichnet. Doch Zeit zum Träumen ist nicht immer, und schon wird Rudi rakete von Mama geweckt- also von Prinzessin Moa….
Die Geschichte beginnt wobei die geschichte megr als eine Geschichte beinhaltet, denn Prinzessin Moa denkt sich aus, was dann gleich auf der Bühne zu erleben ist.. Wenn die Schreibmaschine anfängt zu klappern, sind Rudi, Prinzessin Moa und Käpten Schleuder unterwegs zu Abenteuern. Was sie finden werden?

Man spürt das Herzblut in die Produktion geflossen ist- trotzdem bleibt beim Erwachsenen Zuschauer eine gewisse Distanz. Die Frage, wie sich die Wahrnehmumg der Kinder darin unterscheidet stellt sich bei der gefeierten Premiere nicht mehr!

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DER BÄR DER NICHT DA WAR



Maria Schorpp, Südkurier, 28.11.2017

„Ein bestrickendes Spiel ohne Grenzen.“

„Was ziemlich ambitioniert klingt, ist auf der Werkstatt-Bühne in ein originelles und amüsantes Spiel mit den Wirklichkeitsebenen verpackt.“

Kultur ~ Theater aus gruessevomsee.de , 7.1.2018

Wer bin ich? Und bist du ich? Mit diesen doch recht philosophischen Fragen beschäftigt sich das Stück „Der Bär, der nicht da war“ im Theater Konstanz unter der Regie von Magdalene Schaefer. Ich war sehr gespannt darauf wie diese doch komplexe Frage für kleine Kinder – die Altersempfehlung liegt bei 3+ – auf die Bühne gebracht wurde.

Ein Ranger („So was wie ein Förster,Jonas Pätzold) nimmt die kleinen und großen Zuschauer mit in den Wald und stellt verschiedene Waldbewohner vor. Plötzlich ist er sich ganz sicher, einen Bären gehört zu haben und wagt sich in den Wald hinein – nur kommt er leider nicht wieder. Was den anwesenden Feuerwehrmann (Georg Mehlich) auf den Plan ruft. Doch weder seine Zentrale noch die Kinder können ihm genau sagen wie es weitergeht, bis sich plötzlich ein Juckreiz am Baum kratzt und zu einem Bären (Jonas Pätzold) wird. Auf seiner Suche nach sich selbst und den Fragen, ob er ein netter, glücklicher und hübscher Bär sei (was die Kinder sofort mit „ja“ beantworten), begegnet er weiteren Tieren, die ihn unterstützen. Schließlich nimmt er das Schildkröten-Taxi nach „Geradeaus“. Der Bär lernt die verschiedenen Arten von Stille kennen, dass „langsam“ eine durchaus akzeptierte Fortbewegungsart ist und dass unter dem einen Baum 38 Blumen wachsen. Für mich als Mensch mit Dyskalkulie war die Zählweise des Bären großartig und durchaus nachvollziehbar, denn sie sind schöner als sie 38 sind.
Schließlich taucht der Ranger aus den Tiefen des Waldes wieder auf und berichtet traurig, dass er den Bär leider nicht gesehen hat. Die Kinder berichten ihm dann aber aufgeregt, dass sie ihn gesehen haben, den Bären, der nicht da war.

Das Stück stammt vom israelischen Autoren Oren Lavie und wurde von Harry Rowohlt ins deutsche übersetzt. Das Theater Konstanz hat eine liebevolle Umsetzung des Themas geschafft, das die Kinder sofort mit in die Geschichte hineingezogen hat. Und auch die Erwachsenen konnten sich dem Zauber der Geschichte nicht entziehen. Das zauberhafte Bühnenbild bildet einen wunderbaren Rahmen für diese Geschichte. Beeindruckend finde ich bei diesen Theaterstücken immer wieder die Wandlungsfähigkeit der Schauspieler, die in verschiedene Rollen steigen und sich durch die Zwischenrufe der Kinder nicht aus dem Konzept bringen lassen. Ich würde mich vermutlich zwischendurch kaputt lachen.